Ein Alpaka erblickt das Licht der Welt

Lotta wird geboren! Hier erfährst und siehst du anhand unserer kleinen Lotta wie die Geburt eines Alpaka-Crias für gewöhnlich abläuft. Alpakas sind im Durchschnitt 11,5 Monate (+/- 2 Wochen) trächtig. Der Zeitrahmen, in welchem eine Geburt stattfindet, liegt tatsächlich zwischen 330 und 380 Tagen. Die kürzeste Trächtigkeit hatten wir bei 340 Tagen und die längste bei 368 Tagen, wobei beide Geburten unproblematisch waren.



"Bulging"

Bereits einige Wochen vor der Geburt kann man bei manchen Stuten am Hinterteil das sogenannte "Bulging" beobachten. Das Fohlen drückt von innen mit den Füßen oder der Schnauze gegen den Bereich zwischen Schwanzansatz und After, sodass eine Beule entsteht. Das ist allerdings noch kein Anzeichen einer unmittelbar bevorstehenden Geburt, es handelt sich vielmehr um "Dehnübungen".


Manche beobachten auch das Euter und die Zitzen der Stute. 2-3 Tage vor der Geburt schwillt das Euter meist an, da es sich mit Kolostrum (Biestmilch) füllt. An den Zitzen bilden sich Wachspfropfen. Wir selbst konnten bis jetzt jedoch noch keine unmittelbar bevorstehende Geburt aufgrund dessen erkennen.


Die ersten Anzeichen der Geburt

Die ersten Anzeichen der bevorstehenden Geburt sind oft recht unterschiedlich und bei jeder Stute ein wenig anders ausgeprägt. Vor der Geburt von Lotta konnten wir erste Anzeichen schon am frühen Vormittag erkennen. Die Stute wurde zunehmend unruhig, suchte häufig den Kotplatz auf, stand oft auf und legte sich sofort wieder hin. Manche Stuten sondern sich auch von der Herde ab. Es herrschte allgemein eine unruhige Stimmung in der gesamten Herde, die man förmlich spüren konnte.


Die Nase ist schon zu sehen

Die Geburt beginnt mit dem Abgeben einer Flüssigkeit, ausgelöst durch das Platzen der äußeren Eihaut. Die Stute hat Wehen, sie hebt ihren Schwanz, die Nase des Crias schiebt sich Zentimeter um Zentimeter heraus. Anfangs ist die Nase noch mit einer dünnen Haut bedeckt.


Durch die immer stärker werdenden Kontraktionen kann es sein, dass sich die Nase zwischen den Wehen wieder einige Zentimeter zurück schiebt und erst mit der nächsten Wehe weiter herausgepresst wird. Das Cria schiebt sich langsam immer weiter heraus, die Haut der Fruchtblase reißt.


Die Vorderfüße sind da

Alpakas werden in sogenannter Vorderendlage geboren: Nach der Nase und dem gesamten Kopf kommen auch schon die Vorderfüße zum Vorschein. Meist kommt erst ein Fuß und später der zweite.

 

Die Vorderbeine kommen im Normalfall in gestrecktem Zustand heraus, der Kopf liegt dazwischen. Durch die Bewegung der Stute rutscht das Fohlen immer weiter heraus. Die Beine sind nun heraußen, der Kopf hängt nach unten.

Am Foto sieht man weiche „Schutzkappen“ an den Zehennägeln. Das Cria verliert diese Kappen mit den ersten Gehversuchen nach der Geburt von selbst. Sie dienen dazu, die Gebärmutter nicht zu verletzten.


Bald ist es geschafft!

Dann kommt der nächste kräftezehrende Teil der Geburt: Die Schultern müssen raus. Da diese breiter sind, bedeutet das für die Stute eine neuerliche Anstrengung.

 

Alpakas sind von Grund auf neugierige Tiere, alle kommen her und schauen dem Treiben zu. In den ersten Minuten nach der Geburt ist die Aufregung und das Durcheinander in der Herde meist groß, jedes Tier will den Neuankömmling beschnuppern und begrüßen.

 

Die Schultern sind da, das Cria hängt jetzt nur mehr an der Hüfte fest. Meist erfolgt die Geburt im Stehen, zwischendurch kommt es vor, dass sich die Stute hinlegt.

Das Kleine sieht auf den ersten Blick recht leblos aus, es ist aber noch an der Nabelschnur mit der Mutter verbunden. Die Nabelschnur reißt von selbst bei abgeschlossener Geburt. Mund und Nasenlöcher müssen spätestens jetzt von der Fruchtblase befreit sein.

Wenn man die unteren beiden Fotos genau betrachtet, sieht man, dass dem Cria Fruchtwasser aus Maul und Nase läuft. Es ist gut, wenn das Fohlen eine Zeit lang herabhängt und sich so keine Flüssigkeit in den Atemwegen und der Lunge sammeln kann. Es ist auch ganz normal, wenn die Stute während der Geburt hin und her geht. Manche Stuten zupfen sogar manchmal ein paar Grashalme und beginnen zu fressen.


Das Cria ist da

Wenige Sekunden später ist es überstanden und ein kleines Cria ist geboren. Die Nabelschnur reißt ein paar Zentimeter vor der Bauchdecke ab. Nach wenigen Tagen vertrocknet der Nabelschnurrest und fällt von selber ab. Schon wenige Minuten nach der Geburt versucht das Fohlen aufzustehen und wagt erste, wackelige Geh- und Stehversuche.

 

Die Geburt von Lotta hat insgesamt etwa eine Stunde gedauert. Bei erfahrenen Stuten dauern die Geburten manchmal nur 15 Minuten. Jedes Tier ist unterschiedlich und benötigt mehr oder weniger Zeit! Wenn man erkennt, dass es Probleme beim Geburtsfortschritt gibt, sollte sicherheitshalber immer ein Tierarzt zu Rate gezogen werden.

 

Je nach Stute kann es vorkommen, dass die frischgebackene Mutter ihr Fohlen nur kurz beschnuppert und erstmal zu fressen beginnt. In dieser Zeit kümmern sich die liebevollen „Tanten“ um das Kleine. Das Cria wird nicht von der Mutter trocken geleckt. Stute und Fohlen sollten auf keinen Fall getrennt werden. Es könnte passieren, dass die Stute das Kleine später nicht mehr annimmt.

Crias wiegen bei der Geburt ca. 5,5 kg bis 8,5 kg. Das geringste Gewicht hatten wir bei 5,6 kg und das Schwerste wog knapp 9,5 kg. Meist wiegen wir das Cria um sicher zu sein, dass es ausreichend Milch bekommt. Pro Tag nehmen sie dabei durchschnittlich 200-250g zu.


Schnell an die Milchbar

Wenn das Cria soweit munter und fit ist, sollte man es mit seiner Mutter in Ruhe lassen, damit eine gute Bindung zwischen den beiden aufgebaut werden kann. Beide halten in der ersten Zeit durch ständiges Summen miteinander Kontakt.

Da die Kleinen ohne Abwehrstoffe zur Welt kommen, ist es überlebenswichtig, dass sie in den ersten Stunden Biestmilch (Kolostralmilch) von der Mutterstute bekommen. In dieser finden sich wichtige Abwehrstoffe und Antikörper, die die Abwehrkräfte des Neugeborenen in Gang bringen. Beim Trinken geht das Schwänzchen des Crias meist nach oben. Das Kleine trinkt abwechselnd an allen Zitzen. Die Aufnahme des Kolostrums fördert auch das Absetzen des Meconiums (Darmpech).

 

Dann kommt (zumindest für uns) der nächste Blick: Ist es eine Stute oder ein kleiner Hengst?


Die Nachgeburt kommt

Die Nachgeburt erscheint in der Regel binnen kurzer Zeit (unmittelbar und bis zu 2 Stunden) nach der Geburt. Alpakas fressen ihre Nachgeburt nicht auf. Sollte die Nachgeburt nicht erscheinen, ist der Tierarzt zu informieren. Nach Abgang der Nachgeburt ist die Stute meist ruhiger und nimmt sich Zeit, damit das Kleine trinken kann. Normalerweise finden die Crias die Milchbar selbständig. Natürlich kann es vorkommen, dass das Muttertier und/oder das Cria zu unruhig ist und nicht genügend Milch aufgenommen werden kann. In diesem Fall kann es helfen, die beiden zu separieren um eine Ablenkung durch andere Herdenmitglieder zu verhindern. Auf jeden Fall sollte Sichtkontakt mit den anderen Tieren gegeben sein, da sonst ggf. zusätzlicher Stress entsteht.

 

Wir beschränken unser Handeln bei der Fohlenversorgung auf ein Minimum. Bei nassem Wetter rubbeln wir das Cria trocken und stellen beispielsweise durch Anlegen eines Fohlenmantels sicher, dass das Kleine nicht unterkühlt. Wir prüfen und desinfizieren den Nabel, stellen sicher, dass alle Öffnungen frei sind und beobachten, ob das Darmpech (Meconium) abgeht. Unsere Tiere bekommen standardmäßig keinen Einlauf, sondern nur in Ausnahmefällen.


Zeit für das erste Fotoshooting

An diesem strahlenden Tag hat es nur kurze Zeit gedauert, bis die wärmenden Sonnenstrahlen die kleine Lotta getrocknet haben. Optimalerweise bringen Alpakastuten ihre Crias am Vormittag bis hin zum frühen Nachmittag zur Welt, am Besten an einem warmen Tag. Vermutlich kommt dieses Verhalten daher, dass das Klima in den Anden meist recht rau ist und die Temperaturen nachts um den Gefrierpunkt sinken. Wenn die Kleinen um die Mittagszeit zur Welt kommen, steigen natürlich ihre Überlebenschancen. Die späteste Geburt hatten wir um 18:30, sie erfolgte problemlos.

Wir haben in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass sich unsere Stuten leider nicht immer an diese Regel halten. In einem Jahr hatten wir ausschließlich Geburten bei schlechtem Wetter und Wolkenbruch. In diesem Fall sollte das Cria samt Mutter in den trockenen Stall gebracht werden.


Probleme bei der Geburt oder der Nachversorgung

Der Geburtsverlauf bei Lotta war das Paradebeispiel einer Erstgeburt. Die Tiere kommen meist ohne Hilfe zurecht - Hands off!

 

Leider kann es in einigen Fällen auch vorkommen, dass Komplikationen auftreten zB durch eine Fehllage des Crias, einer Verletzung von Muttertier und/oder Cria, oder es kommt danach zu Problemen beim Trinken, beim Ausscheiden des Meconiums, der Bindung zwischen Mutter und Cria etc. Bitte zieht bei einer Unsicherheit immer den Rat eures Tierarztes heran oder kontaktiert einen euch bekannten erfahrenen Züchter.